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Geschichte der Kohlfahrt

Der Oldenburger Turnerbund (OTB) gilt als Erfinder der Kohlfahrten: Mehr als 140 solcher Fahrten sind in der Vereinschronik dokumentiert. Die erste Kohlfahrt ist in der Vereinschronik des OTB vom 15. Januar 1871 dokumentiert. Diese begann jedoch nicht als solche, sondern als Winterturnfahrt der Männerabteilung und damit Ausdruck der Wanderlust. 

Stadtkämmerer Hermann Dümeland, seines Zeichens Oberturnwart des OTB, beschreibt diese erste aller Traditionskohlfahrten Oldenburger Vereine und Vereinchen, Verbände, Behörden, Parteien, Räte usw. in der OTB-Chronik zum 25jährigen Vereinsjubiläum 1884, also dreizehn Jahre später, so: „Am 15. Januar 1871 machte der Turnerbund zum ersten Male eine Winterturnfahrt. Bei leichtem Frost und hellem Sonnenschein gelangte man im dreistündigem Marsche über Metjendorf nach Wiefelstede, wo bei dem biederen Wirte Zur Brügge das Mittagsmahl bereitet war, bestehend aus dem oldenburgischen Nationalgericht: brauner Kohl mit Pinkel, Wurst, Schweinefleisch und Bratkartoffeln. Nach dem erfrischenden Marsche mundete dies leckere und für deutsche Turner fast lukullische Mahl umso besser, als auch pro Mann ½ Flasche Rotwein verabfolgt wurde. Nach einer Ruhepause, die durch Gesang und Reden ausgefüllt wurde, erfolgte am Nachmittage der Aufbruch nach Rastede, das in 1 ½ Stunden erreicht wurde. Hier verlebte man beim Glase Bier noch einige vergnügte Stunden und fuhr dann per Bahn nach Haus. – Diese durch viel Humor in Wort und Lied gewürzte sogenannte „Kohlfahrt“ fand einen so allgemeinen Anklang, dass sie bis jetzt alljährlich wiederholt worden ist. Eine Reihe von Jahren war stets wieder Wiefelstede der Zielpunkt, doch hat man in letzterer Zeit auch Westerstede, Zwischenahn und neuerdings Dreibergen auserwählt.“ Soweit Dümeland. 

Während des Ersten Weltkriegs und während der Inflation 1921 bis 1923 sowie in den Jahren 1944 und 1945 fanden keine Kohlpartien statt. Von 1940 bis 1943 gab es lediglich Boßeltouren ohne Kohlessen. Boßeln wurde übrigens auf den Kohlfahrten erst 1920 eingeführt und nicht schon vor 1871, zunächst mit Holz-, seit 1930 mit Hartgummikugeln. Zur Tradition der Kohlfahrten gehörte in den ersten Jahrzehnten auch ein gemütliches Beisammensein mit dem Turnverein des jeweiligen Zielortes am Nachmittag. Ein fester Bestandteil aller Kohlfahrten waren seit 1872 immer auch Kohlzeitungen mit Kohlliedern, verfasst von OTB-eigenen Kohlpoeten und gesungen nach Melodien, die das OTB-Kohlvolk von den Turnabenden her kannte. In der Regel waren acht Lieder, meist mit vielen Strophen, zu singen. (Quelle: OTB)
 

Unser Dank gilt Bernd Munderloh, der uns aus seinem Privatbestand seiner Familie historische Mitteilungsblätter des OTB zur Verfügung gestellt hat.